Dienstag, 29. März 2011

Fynn – Hallo Mr. Gott, hier spricht Anna

Ich hielt ihr das brennende Streichholz hin. Sie pustete und übersprühte mich dabei mit einem Regen kleiner Wurststückchen. Plötzlich schrak sie zusammen. Ihren Blick werde ich nie vergessen. Sie biss die Zähne zusammen. Ihr Gesicht verzerrte sich in Erwartung einer Ohrfeige. Was mein Gesicht ausdrückte, weiß ich nicht. Jedenfalls gab sie einen so kläglichen, traurigtrockenen Schluchzer von sich, wie ich ihn noch nie gehört hatte und wie ich ihn auch nie wieder hören will. Der Ton schnürte mir die Kehle zu, und ich begann zu lachen. Was konnte man auch anderes tun, bei so viel Kinderangst und Kindertrauer? Ich lachte und lachte und konnte nicht aufhören. Dann sah ich, dass auch sie begonnen hatte zu lachen. Da kniete kein erbärmliches Bündelchen Angst mehr vor mir. Sie lachte, sie kniete auf dem Straßenpflaster, reckte mir ihr Gesicht entgegen und schüttelte sich vor Lachen. Wie viele Male in den folgenden drei Jahren habe ich dieses Lachen gehört. Es klang nicht wie Silberglöckchen; es war eine Mischung aus Hundegebell, Motorad und Fahrradluftpumpe.

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