Es war wunderschönes Wetter, rings um ihn her murmelte und knospte und zwitscherte es. Aber ihm war das Herz schwer. Nie wieder würde er sich über etwas freuen können. Er meinte, den Himmel noch nie so dunkelblau gesehen zu haben wie an diesem Tage. Zugvögel kamen dahergeflogen. Sie kamen vom Auslande, waren über die Ostsee gerade auf Smygehuk zugesteuert und waren jetzt auf dem Wege nach Norden. Es waren Vögel von den verschiedensten Arten; aber er kannte nur die Wildgänse, die in zwei langen, keilförmigen Reihen flogen.
Schon mehrere Scharen Wildgänse waren so vorübergeflogen. Sie flogen hoch droben, aber er hörte doch, wie sie riefen: „Jetzt gehts auf die hohen Berge! Jetzt gehts auf die hohen Berge!“
Sobald die Wildgänse die zahmen Gänse sahen, die auf dem Hofe umherliefen, senkten sie sich herab und riefen: „Kommt mit, kommt mit! Jetzt gehts auf die hohen Berge!“
Die zahmen Gänse reckten unwillkürlich die Hälse und horchten, antworteten dann aber verständig: „Es geht uns hier ganz gut! Es geht uns hier ganz gut!“
Es war, wie gesagt, ein überaus schöner Tag, und die Luft war so frisch und leicht, daß es ein Vergnügen sein mußte, darin zu fliegen. Und mit jeder neuen Schar Wildgänse, die vorüberflog, wurden die zahmen Gänse aufgeregter. Ein paarmal schlugen sie mit den Flügeln, als hätten sie große Lust, mitzufliegen. Aber jedesmal sagte eine alte Gänsemutter: „Seid nicht verrückt, Kinder, das hieße so viel als hungern und frieren.“
Bei einem jungen Gänserich hatten die Zurufe ein wahres Reisefieber erweckt. „Wenn noch eine Schar kommt, fliege ich mit!“ rief er.
Jetzt kam eine neue Schar und rief wie die andern. Da schrie der junge Gänserich: „Wartet, wartet, ich komme mit!“ Er breitete seine Flügel aus und hob sich empor. Aber er war des Fliegens zu ungewohnt und fiel wieder auf den Boden zurück.
Die Wildgänse mußten jedenfalls seinen Ruf gehört haben. Sie wendeten sich um und flogen langsam zurück, um zu sehen, ob er mitkäme.
„Wartet! Wartet!“ rief er und machte einen neuen Versuch.
All das hörte der Junge auf dem Mäuerchen. „Das wäre sehr schade, wenn der große Gänserich fortginge,“ dachte er; „Vater und Mutter würden sich darüber grämen, wenn er bei ihrer Rückkehr nicht mehr da wäre.“
Während er dies dachte, vergaß er wieder ganz, daß er klein und ohnmächtig war. Er sprang von dem Mäuerchen hinunter, lief mitten in die Gänseschar hinein und umschlang den Gänserich mit seinen Armen. „Das wirst du schön bleiben lassen, von hier wegzufliegen, hörst du!“ rief er.
Aber gerade in diesem Augenblick hatte der Gänserich herausgefunden, wie er es machen müsse, um vom Boden fortzukommen. In seinem Eifer nahm er sich nicht die Zeit, den Jungen abzuschütteln; dieser mußte mit in die Luft hinauf.
Es ging so schnell aufwärts, daß es dem Jungen schwindlig wurde. Ehe er sich klar machen konnte, daß er den Hals des Gänserichs loslassen müßte, war er schon so hoch droben, daß er sich totgefallen hätte, wenn er jetzt hinuntergestürzt wäre.
Das einzige, was er unternehmen konnte, um in eine etwas bequemere Lage zu kommen, war ein Versuch, auf den Rücken des Gänserichs zu klettern. Und er kletterte wirklich hinauf, wenn auch mit großer Mühe. Aber es war gar nicht leicht, sich auf dem glatten Rücken zwischen den beiden schwingenden Flügeln festzuhalten. Er mußte mit beiden Händen tief in die Federn und den Flaum hineingreifen, um nicht hintüber zu fallen.
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